Kinderphysiotherapie: Wann ist es wichtig und wie können wir helfen?

Nach der Geburt eines Kindes können Unsicherheiten und Fragen bezüglich der motorischen Entwicklung entstehen. Vielleicht war der Start ins neue Leben auch mit Komplikationen verbunden.

Nach der Hebamme und dem Kinderarzt können auch Physiotherapeut *innen mit speziellen Zusatzfortbildungen den Eltern Tips und Sicherheit für die Entwicklung der Motorik geben. Durch gezielte Befundung mittels Reflexe, Lageraktionen, motorischer Entwicklungsstand und General Movements kann der Physiotherapeut eine Aussage darüber treffen ob der Säugling zur Zeit eine Behandlung benötigt.

Hierbei werden neurologische, senso- motorische Defizite in Grob und Feinmotorik, Wahrnehmungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten berücksichtigt.

Kinderphysiotherapie beinhaltet nicht alleinig die Behandlung der Säuglinge oder Kleinkinder sondern ist auch immer eine Anleitung der Eltern, wie diese ihre Kinder optimal im Alltag durch Umfeldgestaltung oder Übungen unterstützen können.

Was ist Physiotherapie für Kinder?

Physiotherapie für Kinder kann schon ab dem Säuglingsalter notwendig werden und sich über das Kleinkindalter bis hin zu einem jungen Erwachsenen fortsetzen. Bei manchen Erkrankungen ist eine Weiterbehandlung über das 18.Lebensjahr indiziert. 

Die Entwicklung jedes Kindes ist individuell, dennoch gibt es so genannte Meilensteine ( motorische Entwicklung die bis zu einem bestimmten Alter abgeschlossen sein sollten. Kinderphysiotherapeuten kennen die gewünschte motorische Entwicklung in Grob und Feinmotorik und erkennen Abweichungen in Bewegungsabläufen und Haltung.

Das nicht Erreichen dieser Meilensteine kann unterschiedliche Ursachen haben. Unsere Aufgabe als Kinderphysiotherapeuten ist es durch eine genaue Befundung die Ursache heraus zu finden und durch gezielte Behandlungsmethoden gemeinsam mit den Eltern, die Entwicklung in dem bestmöglichen Maße zu fördern. 

Schritt für Schritt begleiten Kinderphysiotherapeuten die Säuglinge, Kinder und Jugendliche, wie aber auch die Eltern (die zu Hause weiter die Übungen durchführen sollen).

Je nach Krankheitsbild können Beschwerden ganz oder teilweise reduziert werden.

Warum kann Kinderphysiotherapie helfen?

Schon im Säuglings- und Kleinkindalter kann Kinderphysiotherapie helfen, die schon oben erwähnte Entwicklungsverzögerung wieder aufzuholen oder Beschwerden zu erleichtern. Bewegungsstörungen und die dadurch veränderten Bewegungsabläufe können durch Physiotherapie erweitert und oder verbessert werden. 

Ziel ist hierbei immer Schmerzen zu reduzieren, Bewegungsabläufe zu ökonomisieren und die Selbstständigkeit der Kinder zu fördern, sodass die Kinder eigenbestimmt durch ihren Alltag gehen können.

Bei welchen Krankheitsbildern könnte Physiotherapie sinnvoll sein?

Im orthopädischen Bereich können Fußfehlstellungen, Dysplasien, Haltungsasymmetrien, Schmerzen des gesamten Bewegungsapparats oder auch Frakturen eine Therapie notwendig machen

Kinder äußern Auffälligkeiten nicht immer über Schmerzen, häufig fällt den Eltern eine verändertes Bewegungsverhalten auf das Kind stolpert z.B. öfters  oder beim betrachten des Körpers fallen Besonderheiten der Wirbelsäule, Kopfposition, Becken oder Füße auf.

Neurologische Beschwerden können Gendefekte, Lähmungen, ICP, Tonusveränderungen, Schiefhals, Mukoviszidose und Frühgeburt sein. Dies ist aber nur eine Auswahl an Diagnosen die eine Therapie notwendig machen. Häufig werden  Diagnosen kurz nach der Geburt oder bei den folgenden  U Untersuchungen festgestellt. Solche Problematiken können oft nicht geheilt werden jedoch mit gezielten Übungen deutlich verbessert werden.

Ein häufiges Krankheitsbild ist die Vorzugshaltung, bei manschen Säuglingen verbunden mit einem Plagiocephalus (Asymmetrie der Kopfform). Dieses veränderte Bewegungsmuster kann zum einem schon im Mutterleib entstanden sein, Grund ist die Lage des Fötus im Bauch.

Eine Vorzugshaltung kann sich aber auch erst nach der Geburt entwickeln. 

In beiden Fällen ist eine physiotherapeutische Behandlung notwenig um spätere Haltungsbeschwerden und eventuelle Schmerzen zu vermeiden.

Die Behandlung besteht aus manueller Therapie im Wirbelsäulenbereich, Schultergürtelbereich,Kopf und Kiefergelenk hier sind die häufigsten Ursachen für diese Problematik. Zu dem wird die Muskulatur aktiviert symmetrisch zu arbeiten.

Welche Therapieformen gibt es in der Kinderphysiotherapie?

Bei orthopädischen Problematiken kann die manuelle Therapie eine Maßnahme sein um Beschwerden zu reduzieren. Durch gezielte Grifftechniken können Gelenke mobilisiert und/ oder Schmerzen reduziert werden. In Kombination mit aktiven Übungen zur Aktivierung der Muskulatur um Haltungen zu korrigieren und Bewegungsabläufe zu verbessern können viele orthopädischen Krankheitsbilder beschwerdefrei werden.

Bei einer Skoliose kommt eine spezifische Behandlungstechnik dazu die Skoliose Therapie nach Schroth. 

Bei neurologischen Diagnosen kann die Behandlung sehr komplex sein. Daher gibt es unterschiedliche Ansätze und Behandlungsmethoden. Zwei dieser Ansätze sind die Vojta und Bobath Therapie.

In der Vojta Therapie werden in verschiedenen Positionen Reflexzonen am Körper ausgelöst um Muskelaktivität und Ansteuerung an Muskeln und Gelenke anzuregen. Dies geschieht über das zentrale Nervensystem. Die Bewegungsabläufe sind in unserem Gehirn abgespeichert. Die Vojta Therapie setzt gezielt an diesen abgespeicherten Prozessen an um diese weiter in den Körper über Nerven, Muskeln und Gelenke zu transportieren. Dadurch können Körperregionen die durch Hirnschädigungen weniger oder verändert benutzt werden mehr ins Körperchema integriert werden.

Ein weitere Ansatz ist die Bobath Therapie, Hauptaugenmerk hierbei wird auf das Handling und die Umfeldgestaltung gelegt. Durch das Handling sollen in der Therapie wie auch zu Hause Bewegungsübergänge und Bewegungsabläufe verdeutlicht werden. So sollen Eltern z.B. beim Wickeln  die Beine der Kinder nicht nach oben nehmen um die Windel unter das Gesäß zu schieben, sondern mit einem bestimmten Griff den Säugling zur Seite drehen, um die Windel unter den Po zu legen. So werden die seitlichen Bauchmuskeln und die Drehbewegung für das Kind verdeutlicht und es kann zu seiner passenden Zeit diesen Vorgang dann eigenständig ausführen.

Dies sind nur kleine Einblicke in die Kindertherapie die Behandlungsfelder sind sehr breit gefächert. 

Wie auch in der Erwachsenentherapie müssen Maßnahmen individuell abgestimmt sein.

Katharina Schmitt, Kinderphysiotherapeutin

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